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Die europäische Erfahrung als Modell – zur Übertragung von europäischen Gewerkschaftstheorien und -strategien nach Südafrika und in die Türkei (Teilprojekt)

Teilprojekt von Dr. Ercüment Çelik

Die Hauptfragestellung lautet hierbei: Wo wird in der Gesellschaftstheorie und -analyse Europa als Modell angesehen? Inwiefern lassen sich von europäischen Entwicklungen Parallelen ziehen zu anderen lokalen Kontexten? Das Forschungsvorhaben befasst sich mit dem Vorbildcharakter, den die europäischen Gewerkschaften als Institutionen moderner Industriegesellschaften für die Länder des globalen Südens eingenommen haben. Seit Beginn der Gewerkschaftsentstehung außerhalb Europas fanden ein Transfer von Gewerkschaftstheorien und -strategien und eine Beschäftigung mit der historischen Erfahrung europäischer Arbeiterbewegungen statt. Gleichzeitig stellte sich aber seit jeher die Frage nach der Übertragbarkeit derselben in völlig anders strukturierte Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme, in denen die organisierte Arbeiterschaften wie auch das Unternehmertum eine andere Stellung einnehmen.

Eine Beschäftigung mit Gewerkschaftstheorie bietet sich im Rahmen dieses Projektes auch deshalb an, weil hier eine organische Verbindung zwischen Theorie und Praxis besteht. Die Nachfrage nach Gesellschaftswissen zur politischen Handlungsorientierung wurde als günstige Voraussetzung erkannt für einen kritischen Umgang mit importierten Ansätzen und für die Herausbildung eigenständiger Konzepte und Theorien. Daher sind hier nicht nur die akademischen Entwicklungen zu verfolgen, sondern ebenso die gewerkschaftsinternen Debatten. Als Fallbeispiele werden zwei Länder gewählt, deren Gewerkschaftsentwicklungen intensive Auseinandersetzungen mit Europa aufweisen und mit denen sich Dr. Ercüment Çelik im Rahmen seiner früheren Forschungen und seines Bildungsweges bereits intensiv auseinandergesetzt hat: Südafrika und die Türkei.

Die Fallbeispiele fokussieren auf die unterschiedlichen historischen Entwicklungsabschnitte und die jeweiligen Gewerkschaftsbewegungen in beiden Ländern, um den Transfer von und die Reaktion auf dominante Gewerkschaftsbewegungen, die Zirkulation verschiedener Perspektiven sowie die Herausbildung alternativer Theorien untersuchen zu können.

Der erste Schritt der Analyse befasst sich mit der Ankunft des europäischen Modells in den beiden Ländern; zum einen durch die koloniale Eroberung (wie im Falle von Südafrika), zum anderen durch die Reaktion der Länder der „reaktiven Modernisierung“ (vgl. Göran Therborn), die von der kolonialen Herrschaft herausgefordert und bedroht wurden (wie im Falle der Türkei).

Im zweiten Schritt der Analyse werden die verschiedenen Wege zur Industrialisierung und den spezifischen politischen Verhältnissen untersucht, die Aufstieg und Fall der Gewerkschaftsbewegungen in beiden Ländern beeinflusst haben.

Der dritte Schritt der Analyse beschäftigt sich mit den kürzlichen Entwicklungen in der Ära der globalen Restrukturierung, in welcher die Integration der Türkei und Südafrika in globale Märkte und Netzwerke sowohl bei der Zirkulation verschiedener Modelle als auch bei der Herausbildung alternativer Perspektiven und Strategien eine entscheidende Rolle spielt.

Diese Vorgehensweise sollte einen Vergleich der beiden Länder möglich machen, die oft in der Kategorie der Semi-Peripherie betrachtet werden. Dabei sollen qualitative Interviews sowohl mit SozialwissenschaftlerInnen – insbesondere ArbeitsforscherInnen – als auch mit GewerkschaftlerInnen in Südafrika und der Türkei durchgeführt werden, um den Transfer europäischer Gewerkschaftstheorien und auch –strategien in die beiden Länder zu untersuchen.

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