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Gender Studies als Orte transnationaler Begegnungen? (Teilprojekt)

Teilprojekt von Dr. Veronika Wöhrer

In diesem Projekt sollen transnationale Kommunikationsprozesse und die Zirkulation von Wissen in den Sozial- bzw. Geisteswissenschaften am Beispiel der Gender Studies erforscht werden. Dieses Beispiel wurde gewählt, weil es in den Gender Studies bereits eine relativ lange Tradition an internen Kritiken und Diskussionen um Fragen der Standortgebundenheit bzw. der universellen oder partiellen Gültigkeit von Wissen sowie von Repräsentationsfragen gibt Die bekanntesten KritikerInnen waren afroamerikanische und Chicana Feministinnen. Aber auch AutorInnen aus dem globalen Süden und post-sozialistischen Ländern kritisierten die Praxis weißer, westlicher Mittelschichtsangehöriger, ihre eigenen Erfahrungen und Analysen zur Normerfahrung „der Frauen“ zu machen und damit also ein Muster zu reproduzieren, das sie in der Malestreamwissenschaft kritisierten. Diese Kritiken wurden mit der Zeit auch gehört. Es bleibt jedoch die Frage, ob und welche Ansätze aus nicht-westlichen Kontexten gelesen, zitiert und unterrichtet werden. Die Forschungsfrage knüpft also an aktuelle Debatten um ‚transnationale Feminismen‘ an und fragt, ob und wie akademische Diskussionen globalen ökonomischen, politischen und aktivistischen Vernetzungen gerecht werden können ohne dabei eurozentristische Universalismen zu reproduzieren.


Kontrastierend zu Analysen, die Dr. Veronika Wöhrer in Bezug auf post-sozialistische feministische Konzepte und deren (mangelnde) Rezeption in Diskursen westlicher Zentren durchführte, werden hier Wissensproduktion und Kommunikationsflüsse zwischen Indien und den USA untersucht. Dabei stehen strukturelle Aspekte der Wissenszirkulation im Vordergrund: Welche Rolle spielen beispielsweise folgende Faktoren: die lange und reiche Geschichte indischer Frauenbewegungen, die Vielzahl an universitären Frauenforschungszentren und entstandener feministischer Literatur, der Gebrauch von Englisch als wichtigster wissenschaftlicher Sprache, die Anbindung an internationale Verlage oder die Verbindungen zu MigrantInnen in den USA? Gerade in seiner Gegensätzlichkeit zu den Strukturen, die den (geringen) Austausch zwischen post-sozialistischen Ländern und den USA prägen, verspricht das Fallbeispiel Indien-USA aufschlussreich für Wissenszirkulation in den Sozialwissenschaften zu sein.


In diesem Teilprojekt wurde also zunächst der Frage nachgegangen, welche Debatten und Forschungen zurzeit in Indien in den Gender Studies betrieben werden, welche Erkenntnisse und Theorien dort als zentrale gelten. Im zweiten Schritt wird untersucht, wo, wie und von wem diese in internationalen Debatten aufgegriffen und zitiert werden. Gemäß der Forderung von Raewyn Connell (2007), dass es Aufgabe der Sozialwissenschaften sei, die Metropolen und ihre Verflechtung mit der Peripherie zu untersuchen, soll hier ein Hauptaugenmerk auf dominante Diskurse und Orte in den Gender Studies gelegt werden. Es wird untersucht, ob, wo und wie Theorien, Forschungen und AutorInnen aus Indien darin repräsentiert sind. Es stellt sich also die Frage, welche Theorien und Erkenntnisse jenseits jener prominenter MigrantInnen, die bereits Lehrstühle in den USA erhalten haben, und über einzelne empirische Beispiele zu besonders dramatischen Auswirkungen patriarchaler Gewalt hinausgehend, Eingang in Curricula, Überblicks- und Lehrbücher, Lexika und wissenschaftliche Zeitschriften in den Gender Studies gefunden haben.


Zu diesem Zweck wurden qualitative Interviews mit ForscherInnen mehrerer Universitäten in Indien und in den USA geführt sowie Curricula und wissenschaftliche Literatur (z.B. Einführungsbücher, Lexika und Zeitschriften) in Bezug auf die darin vertretenen AutorInnen und Konzepte analysiert.

 

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